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Gesetz gegen Abmahnmissbrauch in Kraft getreten
Am 1. Dezember 2020 ist ein neues Gesetz in Kraft getreten, das KMU vor missbräuchlichen Abmahnungen schützt.
Das Gesetz enthält ein Paket an Maßnahmen, das zu einer erheblichen Eindämmung des Abmahnmissbrauchs führen und damit insbesondere Selbständige und kleinere und mittlere Unternehmen vor den Folgen solcher Abmahnungen schützen wird:
- Finanzielle Anreize für Abmahner werden verringert
Das Gesetz sieht vor, dass Mitbewerber in folgenden Fällen keinen Anspruch auf Kostenerstattung für eine Abmahnung mehr erhalten:
- Bei Verstößen gegen Informations- und Kennzeichnungspflichten im Internet.
- Bei Verstößen gegen die DSGVO oder das BDSG durch Unternehmen mit weniger als 250 Mitarbeitern.
In diesen Fällen wird von der Neuregelung auch die Höhe einer Vertragsstrafe begrenzt.
Der Gedanke dahinter: Abmahnungen sollen zu einem rechtstreuen Wettbewerb beitragen und nicht zur Generierung von Anwaltsgebühren und Vertragsstrafen missbraucht werden.
- Hürden für die Anspruchsbefugnis der Abmahner werden erhöht
Andere Unternehmen können Unterlassungsansprüche nach dem neuen Gesetz in Zukunft nur noch geltend machen, wenn sie in nicht unerheblichem Maße und nicht nur gelegentlich Waren oder Dienstleistungen vertreiben oder nachfragen. Online-Shops mit Fantasieangeboten werden damit ebenso ausgeschlossen wie Mitbewerber, die bereits insolvent sind und nicht mehr am Wettbewerb teilnehmen.
Auch unseriösen Wirtschaftsverbänden, die zur Erzielung von Einnahmen aus Abmahnungen gegründet werden, wird durch das neue Gesetz die Geschäftsgrundlage entzogen. Anspruchsberechtigt sind nur noch Wirtschaftsverbände, die sich – nach Erfüllung bestimmter Anforderungen – auf einer Liste qualifizierter Wirtschaftsverbände eintragen lassen. Die Erfüllung der Anforderungen durch die Wirtschaftsverbände wird durch das Bundesamt für Justiz regelmäßig überprüft.
Der Gedanke dahinter: Wettbewerbsverhältnisse sollen nicht bewusst geschaffen werden, um Einnahmen durch Abmahnungen zu ermöglichen.
- Gegenansprüche des Abgemahnten werden erleichtert
Abgemahnte Unternehmen können missbräuchliche Abmahnungen in Zukunft durch die Schaffung mehrerer Regelbeispiele für missbräuchliche Abmahnungen in dem neuen Gesetz leichter darlegen. Hierzu zählt:
- die massenhafte Versendung von Abmahnungen durch Mitbewerber
- Fälle, in denen eine offensichtlich überhöhte Vertragsstrafe verlangt wird
- Fälle, in denen Mitbewerber einen unangemessen hohen Gegenstandswert ansetzen
Wer zu Unrecht abgemahnt wird, erhält außerdem einen Gegenanspruch auf Ersatz der Kosten für die erforderliche Rechtsverteidigung.
Abmahner müssen die Berechtigung einer Abmahnung daher künftig in jedem Einzelfall sorgfältig prüfen, um finanzielle Risiken zu vermeiden.
- Wahl des Gerichtsstands wird eingeschränkt
Das Prozessrecht ermöglichte Abmahnern bisher bei Rechtsverletzungen im Internet und im elektronischen Geschäftsverkehr, sich das für sie passende Gericht auszusuchen.
Dem schiebt das neue Gesetz einen Riegel vor:
In Zukunft gilt bei Rechtsverletzungen im Internet und im elektronischen Geschäftsverkehr einheitlich der allgemeine Gerichtsstand des zuvor Abgemahnten. Abmahner dürfen sich damit künftig bei Rechtsverletzungen im Internet nicht länger aussuchen, vor welchem Gericht sie klagen, sondern müssen vor dem Gericht klagen, das für den Abgemahnten zuständig ist.
Bewertung:
Wir begrüßen das neue Gesetz. Es greift mehrere Forderungen unseres Zentralverbandes auf. Der Missbrauch von Abmahnungen schadete dem Wettbewerb und vor allem Selbstständigen und kleinen und mittleren Unternehmen. Durch das nun in Kraft getretene Gesetz soll diesem Geschäftsmodell die Grundlage entzogen werden. Positiv ist, dass das Gesetz finanzielle Fehlanreize beseitigt: Mitbewerber können künftig keine Kostenerstattung verlangen für Abmahnungen wegen Verstößen gegen Informations- und Kennzeichnungspflichten im Internet oder wegen Datenschutzverstößen von Unternehmen mit weniger als 250 Mitarbeitern. Schließlich stärkt das neue Gesetz diejenigen, die sich gegen missbräuchliche Abmahnungen wehren. Erforderlich wäre allerdings ein vollständiger Ausschluss wettbewerbsrechtlicher Abmahnungen gegen DSGVO und BDSG. Diesen hat der Gesetzgeber leider nicht vorgesehen.
Den Text des neuen Gesetzes finden Sie hier, eine Pressemitteilung des Bundesjustizministeriums dazu ist hier abrufbar.
Stand: 11.12.2020