Die Bundesregierung verkündetet am 29. September die Eckpunkte eines umfassenden „Wirtschaftlichen Abwehrschirms gegen die Folgen des russischen Angriffskrieges".
Der Abwehrschirm gegen die hohen Gas- und Strompreise wird über einen Wirtschaftsstabilisierungsfonds aufgerichtet. Bis zu 200 Milliarden Euro werden von der Bundesregierung dafür bereitgestellt. Dazu werden Kredite aufgenommen. Die angekündigten Entlastungen und Hilfen für die Betrieben sollen in diesem, im kommenden und im übernächsten Jahr wirken. Die Gasumlage fällt weg – sie soll kurzfristig per Verordnung wieder abgeschafft werden. Eventuell bereits erhobene Beträge sollen zurückgezahlt werden. Des Weiteren soll eine Strom- und Gaspreisbremse kommen, mit denen die Energiepreise für Strom und Gas für Verbraucher und Betriebe auf ein bezahlbares Niveau verbilligt werden. Des Weiteren sollen weitere Liquiditäts- und Eigenkapitalhilfen für Unternehmen bereitgestellt werden. Die Eckpunkte sind im beigefügten Papier der Bundesregierung niedergelegt.
Folgende Inhalte hat das Papier zur Strompreisbremse (in Auszügen):
Weil Gas aktuell den Strompreise in die Höhe treibt, erzielen die Nicht-Gaskraftwerke sehr starke Zufallsgewinne. Diese sollen genutzt werden, damit Verbraucher sowie Unternehmen stärker von den günstigen Produktionskosten der übrigen Stromerzeuger profitieren und der Strompreis sinkt.
Für Verbraucher sowie kleine und mittlere Unternehmen (KMU) wird ein sogenannter Basisverbrauch subventioniert (Basispreis-Kontingent). Für den darüberhinausgehenden Verbrauch wird der jeweils aktuelle Marktpreis angelegt. So wird eine Entlastung erreicht und zugleich wird zur Reduktion des Verbrauchs angeregt. Ziel ist es, den Endkundenpreis für Strom zu senken und von den hohen Preisen am Großhandelsmarkt zu entkoppeln.
Die übrigen Unternehmen werden in ähnlicher Weise ebenfalls entlastet, indem ein spezifischer Basisverbrauch verbilligt wird.
Die Strompreisbremse soll zeitlich schnell umgesetzt werden.
Folgende Inhalte hat das Papier zur Gaspreisbremse (in Auszügen):
Die Gaspreisbremse soll die Haushalte und Unternehmen finanziell spürbar und sichtbar entlasten. Daher werden die Preise (zumindest für einen Teil des Verbrauchs) auf ein Niveau gebracht, welches private Haushalte und Unternehmen vor Überforderung schützt. Gleichzeitig sollen Anreize zur Reduktion des Gasverbrauchs erhalten bleiben. Die Gaspreisbremse ist befristet und kann nach Evaluierung verlängert werden. Ziel ist auch hier, sie zeitlich schnell umzusetzen.
Die genaue Ausgestaltung der Gaspreisbremse wird mit Hilfe von Vorschlägen einer Experten-Kommission festgelegt, die Mitte Oktober ihren Bericht vorlegen soll.
Folgende Inhalte hat das Papier zur Gewährung weiterer Hilfen an die Betriebe (in Auszügen):
Den Unternehmen, die nicht in ausreichendem Ausmaß von der Strom- und Gaspreisbremse erfasst werden, stehen Liquiditäts- und Eigenkapitalhilfen zur Verfügung. Diese richten sich zielgerichtet auf Notlagen und sollen Mitnahmeeffekte vermeiden. Hier soll auch eine Regelung für Härtefälle geschaffen werden.
Weitere Maßnahmen und Entlastungen:
Unabhängig vom Wegfall der Gasumlage wird die Umsatzsteuer auf Gas auf den reduzierten Steuersatz von 7 % begrenzt. Dieser ermäßigte Umsatzsteuersatz wird außerdem auf Fernwärme ausgeweitet. Dies ist ein weiterer Beitrag zur Dämpfung der Energiekosten. Des Weiteren will die Politik sorgfältig darauf achten, dass während der Zeit der Krise keine unverhältnismäßigen zusätzlichen Bürokratielasten die Wirtschaft beeinträchtigen. Dafür wird sich die Bundesregierung auch in der EU einsetzen.
Es wird die Möglichkeit geschaffen, die süddeutschen AKWs bis zum Frühjahr 2023 laufen zu lassen. Und Kohlekraftwerke werden wieder ans Netz gebracht.
Zweck der Maßnahmen und Entlastungen (in Auszügen):
Die beschlossenen Maßnahmen stellen auch eine Reaktion auf den Angriff Russlands auf die Ukraine dar, der auch ein Angriff auf Europa und unser Land ist und lt. Bundeskanzler Scholz und Bundesfinanzminister Lindner zu einem „Energiekrieg“ geworden ist. Mit ihnen will die Politik den gesellschaftlichen Zusammenhalt und die ökonomische Leistungsfähigkeit unseres Landes wahren. In dem Papier heißt es dazu: „Wir stehen daher einig und solidarisch zusammen. Wir werden die wirtschaftliche Substanz unsere Wohlstandes erhalten. Niemand in Deutschland wird mit den Folgen des Krieges alleingelassen. (…) Auf die Aggression Russlands reagieren wir entschlossen und stellen heute klar, dass es keinen Zweifel daran gibt, dass wir die notwendigen finanziellen Ressourcen aufbringen, um gegenzuhalten. Dafür stellen wir, auch als Signal an Russland und für die Planbarkeit der Verbraucherinnen und Verbraucher und Unternehmen bereits heute ein so hohes Finanzvolumen zur Verfügung. Die Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen können darauf vertrauen, dass der Abwehrschirm mit ausreichenden finanziellen Ressourcen ausgestattet ist.“
Bewertung des Zentralverbandes:
Die angekündigten Maßnahmen und Entlastungen sind ein erstes positives Signal. Wie Scholz sagte, soll niemand verzweifelt vor seinen Rechnungen sitzen und alle - Rentner, Bäckermeister, die Handwerkerin oder der große Industriebetrieb - ihre Rechnungen bezahlen können. Schon Mitte September hatte Scholz in einer Rede die Bäcker erwähnt und davon gesprochen, die Hilfen auszuweiten, „damit die Bäcker ihren Betrieb fortsetzen können“. Die intensive Lobby- und Pressearbeit, die vielen Gespräche und Aktionen der vergangenen Wochen und Monate auf allen Ebenen - unseres ZV, Ihrer Landesinnungsverbände und Innungen, vieler Obermeister - mit Politikern auf Landes-, Bundes- und EU-Ebene und Pressevertretern tragen damit Früchte. Die bekannt gegebenen Maßnahmen nehmen viele der Forderungen unseres Zentralverbandes auf und gehen in die richtige Richtung.
Allerdings sind Details leider nach wie vor unklar. Wann und wie die Strom- und Gaspreisbremse genau greift, bei welchen Werten eine Deckelung erfolgt, wie der „Basisverbrauch" beim Strom definiert wird und wie die angekündigten Hilfen genau ausgestaltet werden, darüber gibt es noch keine Informationen. Es wird nun darauf ankommen, dass die Politik schnellstens konkrete, verbindliche Details hierzu festlegt und bekanntgibt. Wir bleiben dran und werden gemeinsam mit dem ZDH und den Landesinnungsverbänden der Politik gegenüber darauf dringen, dass dies schnellstens erfolgt.
Wichtig ist heute das Signal. Jetzt muss es zügig weitergehen, damit weitere Schäden verhindert werden. Die Strompreisbreme war z.B. bereits vor einigen Wochen angekündigt, ohne dass etwas passiert ist.
Wir werden weiterhin Druck auf die Entscheider machen und Sie über den weiteren Fortgang selbstverständlich informieren.