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Entwaldungsverordnung soll nachgebessert werden

Mit der EU-Entwaldungsverordnung drohen Handwerksbäckern neue Nachweis- und Dokumentationspflichten für die Verwendung von Kakao, Kaffee und anderen Rohstoffen. Nach harscher Kritik der Verbände kündigt die EU-Kommission nun Nachbesserungen an. Auch eine mögliche Verschiebung des Anwendungsstarts steht im Raum.

Die EU-Verordnung zur Vermeidung von Entwaldung (EU-Deforestation-free Regulation, EUDR) vom 31. Mai 2023 ist am 29. Juni 2023 in Kraft getreten. Die Verordnung schreibt vor,  dass bestimmte Rohstoffe und Erzeugnisse nur dann ein- oder ausgeführt und verwendet werden dürfen, wenn diese nicht mit Entwaldung und Waldschädigung in Verbindung stehen. Unternehmen, die die in Anlage 1 der Verordnung aufgeführten Produkte auf den Markt bringen, müssen ab dem 31. Dezember 2024 (nicht 1. Januar 2025!),  bestimmte Sorgfaltspflichten erfüllen. Für Kleinst- und Kleinunternehmen (nicht KMU) gilt dies ab dem 30. Juni 2025. Betroffen sind Soja, Palmöl, Holz, Kaffee, Kakao, Rind und Kautschuk, sowie die daraus hergestellten Folgeprodukte.

Bevor Produkte auf den EU-Markt gebracht oder exportiert werden, müssen laut Verordnung relevante Daten gesammelt, dokumentiert sowie eine umfassende Risikobewertung durchgeführt werden. Diese Bewertung umfasst auch eine Überprüfung der Quellen der Geolokalisierungsdaten. Der Kakaobauer in Afrika muss also aufzeichnen, wo er seinen Kakao angebaut hat und diese Daten zur Verfügung stellen. Der Importeur, der Großhändler, der Zwischenhändler und der Hersteller von Schokolade müssen überprüfen, ob die erforderlichen Daten vorhanden sind und hierüber eine Meldung bei der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) bzw. einem von der EU bereitgestellten Portal abgeben. Die BLE rechnete zunächst mit 10.000 Meldungen pro Tag, inzwischen wird von 50.000 Meldungen pro Tag ausgegangen. Wir befürchteten zwischenzeitlich, dass es eher eine Million Meldungen sein werden.

Erforderlich ist eine Meldung dann, wenn ein Produkt importiert oder bereitgestellt wird, das in Anlage 1 zur Verordnung aufgeführt wird. Für das Bäckerhandwerk relevant ist die Position 1806 „kakaohaltige Lebensmittelzubereitungen“, also etwa Schokokuchen, Mandelhörnchen und Lebensmittelzubereitungen, in der Kakao enthalten ist. Aktuell deutet sich an, dass der Anwendungsbereich der Verordnung nur auf Produkte fällt, wenn sie schwerpunktmäßig aus Kakao (und Schokolade) hergestellt wurden. Das würde bedeuten, dass „nur“ selbst hergestellte Schokoladentafeln und Schoko-Pralinen in den Anwendungsbereich fallen. Schokokuchen etc. besteht mehrheitlich aus Getreide und würde nicht erfasst sein.

Stellt also ein Bäcker Schoko-Pralinen her, muss er eine Risikobewertung durchführen (KMU können dabei eine reduzierte Risikobewertung durchführen) und eine Meldung abgeben. Stellt er fest, dass die verwendete Kakaocharge nicht ordnungsgemäß eingeführt wurde, ist der Kakao und sind die daraus hergestellten Lebensmittel nicht verkehrsfähig. Er muss dann die daraus oder damit hergestellten Lebensmittel zurückrufen. Das betrifft dann voraussichtlich auch die Mandelhörnchen etc., was zu absurden Ergebnissen führt.

Der ZV hat sich in den letzten Monaten intensiv für eine Verschiebung des Startzeitpunkts und inhaltliche Änderung der Verordnung eingesetzt hat - zuletzt gestern im Gespräch gegenüber Bundesminister Özdemir, der zusagte, das Thema am kommenden Montag in der EU-Agrarministerkonferenz in Brüssel anzusprechen. Mittlerweile fordert die gesamte Bundesregierung die Verschiebung des Zeitpunkts, ab dem Unternehmen die EUDR anwenden müssen. Anscheinend war dieser Einsatz nun erfolgreich: Die EU-Kommission hat heute angekündigt, die Verordnung nachzubessern.

Die BLE als Überwachungsbehörde hat bereits bekundet, dass sie bei der Auslegung und Anwendung der Verordnung sehr großzügig agieren wird. Aber auch hier ist zu befürchten, dass bei wiederholten Verstößen oder Guerillaaktionen von NGOs wie Foodwatch Bußgelder verhängt werden könnten. Diese betragen in der Regel 4 Prozent des Gesamtumsatzes des betroffenen Unternehmens, was für die Lebensmittelindustrie ein kleineres Problem sein dürfte, als für unsere Handwerksbäckereien.

Den derzeit geltenden Verordnungstext finden Sie hier:

https://environment.ec.europa.eu/topics/forests/deforestation/regulation-deforestation-free-products_en

Stand: 20. September 2024