Das Stromsteuergesetz (§ 9b StromStG) ermöglicht Unternehmen des produzierenden Gewerbes, zu denen gehört das Bäckerhandwerk, eine steuerliche Entlastung auf den betrieblich genutzten Stromverbrauch. Die nachfolgende Aufstellung gibt einen Überblick über die rechtlichen Voraussetzungen, die erforderlichen Nachweise und die ab 2025 geltenden digitalen Antragsverfahren.
Diese Informationen dienen der Orientierung und ersetzen keine rechtliche oder steuerliche Beratung. Zudem können diese Schritte, insbesondere Punkt 7, dafür verwendet werden, gegenüber politischen Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträgern zu verdeutlichen, welchen immensen Aufwand die Beantragung der Stromsteuersenkung für Betriebe bedeutet.
1. Rechtsgrundlagen
Unternehmen können eine Stromsteuerentlastung nach § 9b StromStG erhalten, wenn sie:
- Strom nachweislich für eigene betriebliche Zwecke nutzen und
- dem Produzierenden Gewerbe im Sinne der gesetzlichen Definition zugeordnet sind.
Die derzeitige Entlastung beträgt 20,50 Euro pro Megawattstunde (entspricht 2,05 Cent pro Kilowattstunde). Sie wird ausschließlich für Strommengen gewährt, die innerhalb des eigenen Unternehmens verbraucht wurden – eine Weitergabe an Dritte ist nicht begünstigt.
2. Antragsberechtigung – Wer gilt als „Produzierendes Gewerbe“?
Ob ein Unternehmen antragsberechtigt ist, hängt davon ab, wie seine wirtschaftliche Tätigkeit gemäß der Klassifikation der Wirtschaftszweige (WZ 2003) eingeordnet wird.
Zu den begünstigten Bereichen zählen insbesondere:
- handwerkliche Produktionsbetriebe (z. B. Bäckereien, Tischlereien, Konditoreien)
- industrielle Fertigungsunternehmen
- Betriebe zur Reparatur gewerblicher Maschinen und Anlagen
Nicht antragsberechtigt sind hingegen reine Dienstleister, der Einzelhandel oder die Gastronomie. Es sei denn, sie gehören zu einem Mischbetrieb, bei dem die produzierende Tätigkeit überwiegt.
3. Besondere Problematik: Mischbetriebe
a) Definition
Ein Mischbetrieb übt mehrere wirtschaftliche Tätigkeiten aus, z. B.: Produktion + Handel (Bäckerei mit Ladengeschäft)
b) Gesetzliche Grundlage – § 15 Abs. 4 StromStV
Mischbetriebe müssen sich einem WZ-Abschnitt insgesamt zuordnen, basierend auf dem Schwerpunkt ihrer Tätigkeit.
Mögliche Methoden zur Schwerpunktfeststellung:
Bruttowertschöpfung zu Herstellungspreisen (Standardmethode).
Die Wahl der Methode ist dem Unternehmen überlassen, sie muss jedoch sachgerecht, konsistent und plausibel sein. Das Hauptzollamt kann ungeeignete Methoden ablehnen.
4. Antragstellung beim Hauptzollamt – ab 2025 nur noch digital
Seit dem 1. Januar 2025 kann der Antrag auf Stromsteuerentlastung nur noch online über das Zoll-Portal gestellt werden. Eine Antragstellung in Papierform ist nicht mehr zulässig.
a) Voraussetzungen
Für die digitale Antragstellung benötigen Sie:
- eine Registrierung im Zoll-Portal
- Zugriff auf die Anwendung IVVA (Internet-Verbrauch- und Verkehrsteuer-Anwendung)
- ein gültiges ELSTER-Organisationszertifikat zur Authentifizierung
- Zugang zum Modul MOEVE (Moderne Energie- und Verbrauchsteuer-Erstattung), über das der Antrag abgewickelt wird
b) Schritt-für-Schritt: So läuft die Antragstellung ab
- Zugang im Zoll-Portal einrichten
- Online-Formular im MOEVE-Modul aufrufen und ausfüllen
- Zuordnung zum Wirtschaftszweig nach WZ 2003 angeben
- Stromverbrauchsmengen und Abrechnungsdaten eintragen
- Drittstrommengen identifizieren, abgrenzen und belegen
- Alle Nachweise digital beifügen
- Antrag elektronisch absenden
5. Abgrenzung von Drittstrommengen – Pflicht bei der Antragstellung
Für die Stromsteuerentlastung dürfen ausschließlich selbst verbrauchte Strommengen berücksichtigt werden. Strom, der an Dritte weitergeleitet oder von ihnen genutzt wird, ist nicht entlastungsfähig und muss im Antrag eindeutig abgegrenzt werden.
a) Was gilt als Drittstromverbrauch?
Typische Beispiele für nicht begünstigte Strommengen:
- vermietete Bereiche innerhalb des Betriebs (z. B. Werkstattflächen oder Räume)
- Wohnungen über dem Geschäftsbetrieb
- Ladevorgänge für Fahrzeuge mit Straßenzulassung, sowohl betriebliche als auch Kundenfahrzeuge
- Nutzung durch externe Dienstleister (z. B. Reinigungspersonal, IT-Wartung)
b) Bagatellgrenze für geringe Drittverbräuche
Liegt der Drittstromverbrauch unter etwa 1.000 kWh pro Jahr, kann er als geringfügig (Bagatelle) gelten – unter folgenden Bedingungen:
- Die Nutzung erfolgt nicht dauerhaft,
- Es findet keine separate Abrechnung statt,
- Der Strom wird im oder unmittelbar am Betrieb verbraucht.
c) Nachweise, die erforderlich sind
Zur Abgrenzung von Drittstrommengen müssen folgende Unterlagen bereitgestellt werden:
- Einbau eines separaten Stromzählers oder rechnerische Abgrenzung
- Dokumentation der Drittverbräuche, z. B. in einer Stromübersicht oder dem Anlagenverzeichnis
- Begründung, warum eine Bagatelleinstufung gerechtfertigt ist
6. Mindestbetrag, Fristen und Nachweise
a) Mindesthöhe der Entlastung
Ein Antrag auf Stromsteuerentlastung ist nur möglich, wenn der Entlastungsbetrag im Kalenderjahr mindestens 250 Euro beträgt. Dies entspricht einem Stromverbrauch von rund 12.500 Kilowattstunden (kWh).
b) Nachweispflichten
Welche Unterlagen erforderlich sind, hängt von der Größe des Betriebs ab:
- Buchführungspflichtige Unternehmen müssen einen buchmäßigen Nachweis erbringen (Standardverfahren).
- Kleinstbetriebe ohne Buchführungspflicht können alternativ belegbasierte Nachweise vorlegen.
- Ein Registerauszug ist nicht mehr erforderlich.
c) Fristen
Der Antrag muss spätestens bis zum Ablauf der Festsetzungsfrist nach § 169 der Abgabenordnung gestellt werden. In der Regel bedeutet das: innerhalb eines Jahres nach Ende des betreffenden Kalenderjahres.
7. Bürokratischer Aufwand für Betriebe
Obwohl die Digitalisierung der Antragstellung ab 2025 grundsätzlich zur Vereinfachung beitragen soll, bedeutet das neue Verfahren in der Praxis für viele Betriebe einen deutlichen Mehraufwand. Die wichtigsten Herausforderungen im Überblick:
- Technische Einstiegshürden: Registrierung im Zoll-Portal, ELSTER-Zertifikat, Umgang mit den neuen Online-Systemen (IVVA/MOEVE)
- Zeitintensive Datenerfassung: Ermittlung, Dokumentation und Prüfung des Stromverbrauchs sowie dessen Abgrenzung
- Besonderheiten bei Mischbetrieben: Erforderlich sind betriebswirtschaftliche Analysen zur Bestimmung des Tätigkeitsschwerpunkts
- Drittstrommengen korrekt erfassen: Zählertechnik oder rechnerische Abgrenzungen sind notwendig, inklusive Dokumentation
- Haftungsrisiken: Fehler bei der Zuordnung oder unvollständige Nachweise können zur Ablehnung des Antrags oder Rückforderungen führen
Stand: 8. August 2025