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25. April 2016

Pressekonferenz 2016 - Rekordumsätze und -besuchszahlen im Bäckerhandwerk – nur der Nachwuchs fehlt

Berlin, 25. April 2016. Konstant steigende Umsätze bei weiter sinkenden Betriebszahlen und anhaltende Nachwuchssorgen – so lautet das Resümee des Bäckerhandwerks zum statistischen Jahresrückblick 2015. 13,99 Mrd. Euro Gesamtumsatz erzielten die insgesamt 12.155 Bäckereibetriebe bundesweit im vergangenen Jahr, und somit fast eine halbe Milliarde Euro mehr als im Vorjahr (2014: 13,52 Mrd. Euro). Mit 1,03 Mrd. Besuchen in 2015 ist das Deutsche Bäckerhandwerk zudem erneut Spitzenreiter im Marktsegment Quick-Service-Restaurants (QSR) des Außer-Haus-Marktes. Die Bäckereien können hier mittlerweile ein Fünftel aller Besuche für sich verbuchen (19,9%). Zum Vergleich: Der Gesamtmarkt verzeichnete lediglich eine Steigerung von 0,4%.


Treiber der positiven Umsatzentwicklung sind zunehmend größere Bäckereiunternehmen. So erzielten 2015 4,3% der Betriebe rund 65,3% des Gesamtumsatzes. Die Zahl der Bäckereibetriebe insgesamt hingegen sank erneut (-3,6%), ein Beweis für den anhaltenden Strukturwandel im Bäckerhandwerk und die zunehmenden ökonomisch bedingten Konzentrationsprozesse in der Branche. Auch die Zahl der Beschäftigten ging erneut zurück und verringerte sich mit 275.200 um 0,7 %. Begründet liegt dies insbesondere im fehlenden Nachwuchs. Denn das Bäckerhandwerk plagen ernste Nachwuchssorgen: Vom vorläufigen Rekordjahr 2007 mit 36.871 Auszubildenden hat sich ihre Zahl mit 18.811 in 2015 fast halbiert. Ein Problem, dem sich der Handwerkszweig mit der Einrichtung neuer, attraktiver Aufstiegs- und Weiterbildungsmöglichkeiten und offensiven, kontinuierlich fortentwickelten Recruiting-Kampagnen stellt.


Bäckerhandwerk offen für Flüchtlinge


Der demografische Wandel hat dramatische Folgen für den Arbeitsmarkt. Sollte sein Trend nicht gestoppt werden, wäre in 40 Jahren jeder Dritte über 65 Jahre alt. Und bereits heute fehlen der Wirtschaft jedes Jahr 300.000 Arbeitnehmer/-innen. Schon jetzt haben die Betriebe des Bäckerhandwerks zunehmend Mühe, Arbeits- und Ausbildungsplätze nachzubesetzen. Sie sind auch aus diesem Grund offen für die verstärkte Aufnahme, Beschäftigung und Integration von Flüchtlingen. Denn Arbeit und Beschäftigung sind nach wie vor der beste Weg der Integration. Das Bäckerhandwerk erkennt darin zudem eine Möglichkeit, die zunehmende Überalterung der Bevölkerung mit ihren gravierenden Folgen für den Arbeitsmarkt abzumildern.


Der Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks e.V. unterstützt die Betriebe hierbei, indem er seit Herbst 2015 Informationsveranstaltungen über die rechtlichen Rahmenbedingungen und die zur Verfügung stehenden Förderprogramme durchführt. Er begrüßt in diesem Zusammenhang die kürzlich erfolgte Einigung der Großen Koalition auf das geplante Integrationsgesetz, mit dem ein rechtssicherer Aufenthaltsstatus für Flüchtlinge in Ausbildung (sog. „3+2-Formel“ - keine Abschiebung während der 3-jährigen Ausbildung und zwei sich daran anschließender Beschäftigungsjahre) geschaffen werden soll.


„Viele Betriebe des Bäckerhandwerks sind bereit, Flüchtlinge auszubilden und zu beschäftigen, doch bei den gesetzlichen Rahmenbedingungen besteht dringender Handlungsbedarf. Das Bäckerhandwerk begrüßt in diesem Zusammenhang, dass mit dem geplanten Integrationsgesetz die lange erhobene Forderung des Handwerks nach Schaffung eines rechtssicheren Aufenthalts für Flüchtlinge in Ausbildung (3 + 2-Formel) endlich gesetzlich umgesetzt werden soll“, so Zentralverbandspräsident Michael Wippler. „Die Betriebe haben zukünftig während der gesamten Dauer der Ausbildung die Rechtssicherheit, dass eine begonnene Ausbildung auch abgeschlossen werden kann. Ebenso ist begrüßenswert, dass zukünftig nach dem Abschluss einer Ausbildung ein Aufenthaltsrecht für zwei Jahre geschaffen werden soll, damit die Ausbildungsanstrengungen nicht umsonst gewesen sind.“ Hauptgeschäftsführer Daniel Schneider ergänzt: „Damit wird die ohnehin vorhandene Bereitschaft vieler Betriebe des Bäckerhandwerks, Flüchtlinge zu qualifizieren und auszubilden, weiter gestärkt. Die geplanten Punkte müssen jetzt zügig umgesetzt werden.“


Maßnahmen zur Steigerung der Attraktivität der Berufe im Bäckerhandwerk


Der Zentralverband arbeitet zudem gezielt daran, vermeintliche oder reale Wettbewerbsnachteile des Bäckerhandwerks gegenüber anderen Berufen auszuräumen. So hat er– gemeinsam mit der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) – die neue Aufstiegsfortbildung „Geprüfter Verkaufsleiter/-in im Lebensmittelhandwerk“ geschaffen. Sie schafft für ausbildungsinteressierte Jugendliche und Bäckereifachverkäufer/-innen Weiterbildungswege und Aufstiegsmöglichkeiten. Sie arbeiten nach dem neuen Abschluss überwiegend als Führungskräfte und Filialleitungen. Darüber hinaus bieten neue Fortbildungsmöglichkeiten, wie zum Beispiel die Weiterbildung zum Brot-Sommelier, spannende erweiterte Berufsperspektiven. Als weiterer positiver Anreiz wurden die Ausbildungsvergütungen im Bäckerhandwerk kontinuierlich erhöht, so dass sie heute im Vergleich zu anderen Branchen wettbewerbsfähig sind.


Wettbewerbsverzerrungen zu Ungunsten des Bäckerhandwerks


Die Betriebe des Bäckerhandwerks stehen seit einigen Jahren im besonderen Wettbewerb zu Brotindustrie, Tankstellen, Backshops, Lebensmitteleinzelhandel (LEH) und Discountern und sehen sich hierin in mehreren Bereichen staatlich verursachten Wettbewerbsverzerrungen ausgesetzt: So sind ausgerechnet große industrielle Teiglingswerke, die Backshops und Backstationen beliefern, von der erheblich gestiegenen EEG-Umlage (Erneuerbare-Energien-Gesetz) befreit. Und auch die GRW-Förderung (Gemeinschaftsaufgabe Förderung der regionalen Wirtschaftsstruktur) bevorzugt industrielle Großbackbetriebe, indem sie eine Investitionsfördermöglichkeit für Unternehmen bereitstellt, die ihre Güter überwiegend überregional absetzen. Diese Voraussetzungen erfüllen klein- und mittelständische Handwerksbäckereien mit ihrem mehrheitlich kleineren Einzugsbereich naturgemäß nicht.


Grundlage für eine weitere erhebliche Wettbewerbsverzerrung bietet das Arbeitszeitgesetz (ArbZG). Es untersagt Bäckereien, Arbeitnehmer/innen an Sonn- und Feiertagen länger als 3 Stunden mit der Herstellung von Backwaren zu beschäftigen. Tankstellen, Backshops, dem LEH und Discountern in Bahnhöfen wird demgegenüber ohne Beschränkung gestattet, den gesamten Sonn- und Feiertag über Backwaren aufzubacken und zu verkaufen. Das Problem der begrenzten Produktionszeiten greift für diese nicht, da sie lediglich vorproduzierte Teiglinge in den Backofen schieben. Der Zentralverband fordert daher die Ausweitung der zulässigen Arbeitszeit in der Herstellung von Backwaren an Sonn- und Feiertagen auf acht Stunden. Denn gerade sonn- und feiertags wünschen Verbraucher frische Backwaren.


Schutz des Begriffs „Bäckerei“


Der Zentralverband macht sich bereits seit längerem für einen effektiven gesetzlichen Schutz des Begriffs „Bäckerei“ stark, um die Verbraucher und Betriebe des Bäckerhandwerks vor unlauterem Marktverhalten und irreführender Werbung des Wettbewerbs zu bewahren. Ein bislang leider vergebliches Bemühen, obwohl auch die Deutsche UNESCO-Kommission bei der Aufnahme der Deutschen Brotkultur in das „Bundesweite Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes“ (Dezember 2014) die „industrielle Fertigung“ explizit von diesem ausschloss.


Bereits im vergangenen Jahr setzte der Zentralverband ein eigenes starkes Zeichen durch die Neuauflage des traditionellen Bäckerwappens mit dem ergänzenden Zusatz „Deutsche Innungsbäcker“. Das Wappen an einer Bäckerei bietet Verbrauchern Orientierung im undurchsichtigen Wettbewerb. Es signalisiert: Hier backt ein Bäckermeister mit Qualität und Leidenschaft.


Bürokratie bringt klein- und mittelständisches Bäckerhandwerk an seine Belastungsgrenzen


Die kontinuierlich wachsenden, gesetzlich vorgeschriebenen Dokumentations- und Kennzeichnungspflichten bringen die Betriebe des Bäckerhandwerks zunehmend an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit. Wie eine durch den Zentralverband unter seinen Mitgliedsbetrieben durchgeführte Umfrage aus dem Jahr 2015 ergab, bringen die sich aus dem Mindestlohngesetz ergebenden Dokumentationspflichten für einzelne Betriebe einen unverhältnismäßigen bürokratischen Mehraufwand mit sich.


Diese Belastung würde der jüngst angefragte Beitritt zur geplanten Vereinbarung zur Reduktion des Verbrauchs an Plastiktüten zwischen dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) und dem Handelsverband Deutschland (HDE) noch vergrößern. Diese würde die teilnehmenden Betriebe dazu verpflichten, die Anzahl der abgegebenen Tragetaschen – aus Plastik, aber auch Papier und Stoff – detailliert zu protokollieren. Der Zentralverband hat sich daher gegen den Beitritt ausgesprochen. Präsident Wippler: „Die klassische Verpackung in den Bäckereien ist die Papiertüte. Das Bäckerhandwerk agiert damit per se nachhaltig. Nur in Ausnahmefällen, zum Beispiel zum Schutz der Backwaren vor Regen, werden Plastiktüten herausgegeben.“


Kennzeichnungspflichten bringt weiterhin EU-Lebensmittel-Informationsverordnung (LMIV) mit sich. Zu den wichtigsten durch sie eingeführten Neuerungen zählen die Allergenkennzeichnung bei loser Ware sowie die ab Dezember 2016 verpflichtende Nährwertdeklaration bei vorverpackter Ware. Der Zentralverband begrüßt, dass das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) in seinem Entwurf für die entsprechende nationale Anpassungsvorschrift (Lebensmittelinformations-Durchführungsverordnung, LMIDV) einerseits zwar eine mündliche und damit leicht umsetzbare Allergen-Auskunft für lose Ware vorsieht. Er kritisiert jedoch, dass andererseits Kennzeichnungsvorschriften für Handwerksbäckereien erweitert werden sollen und die Bürokratie damit weiter steigt.


Immerhin folgte die Lebensmittelüberwachung der Auffassung des Zentralverbands, dass Handwerksbetriebe unter die Ausnahmeregelung für die Nährwertdeklaration (Anhang V Nr. 19 LMIV) fallen. Sie greift für Lebensmittel, die handwerklich hergestellt oder direkt in kleinen Mengen durch den Hersteller an den Endverbraucher abgegeben werden. Damit wurde eine weitreichende Last von den Betrieben genommen.


Strikt verwehrt sich der Zentralverband zudem gegen sog. Nährwertprofile und die damit seitens der EU gewünschte Reformulierung von Lebensmitteln zur Reduktion deren Zucker-, Fett- und Salzgehalts. „Ihre Umsetzung und die darin vorgeschlagene Ampelkennzeichnung hätten zur Folge, dass ein Frühstück bestehend aus Vollkornbrot mit Frischkäse und Orangensaft dreimal Rot erhalten würde, da alle drei Lebensmittel Salz- bzw. Zuckerwerte enthalten, die außerhalb des jeweils zugelassenen Nährwertprofils liegen“, erläutert Daniel Schneider, Hauptgeschäftsführer des Zentralverbandes, die Folgen.

Tag des Deutschen Brotes am 26. April: Schauspieler Simon Licht wird neuer Botschafter


Traditionell wird am Tag des Deutschen Brotes, der am 26. April wieder mit einer großen Gala mit mehr als 300 Gästen aus Politik, Handwerk und Mittelstand in Berlin gefeiert wird, ein prominenter Botschafter ernannt: Botschafter des Deutschen Brotes 2016 ist Simon Licht, der damit die Nachfolge von Kanzleramtschef Peter Altmaier antritt. Mit der Nominierung würdigt der Zentralverband den Schauspieler für seine Darstellung des Bäckers „Manfred Frisch“ in „Laible und Frisch“, einer Koproduktion von SWR und Schwabenlandfilm. Der große Publikumserfolg in TV und Theater kommt 2017 auf die Kinoleinwand. Präsident Wippler: „Mit seiner charismatischen Darstellung macht Herr Licht Hunderttausende Zuschauer auf unterhaltsame Weise auf die aktuell realen Herausforderungen der deutschen Innungsbäcker aufmerksam. Wir freuen uns sehr darauf, dass Herr Licht uns nun im kommenden Jahr mit seiner Stimme und seinem Engagement unterstützt. Gemeinsam möchten wir auf die zentralen Anliegen unseres Handwerks aufmerksam machen.“


Dieser Presseinformation beigefügt finden Sie Materialien und Hintergrundinformationen zu folgenden Themen:

 

     

  • Pressemitteilung „Zentrale Herausforderung im Bäckerhandwerk: den Nachwuchs begeistern“
  • Pressemitteilung „Staatliche Förderung und Gesetze arbeiten vielfach pro Industrie und contra Handwerk“
  • Pressemitteilung „Wer hat die bürokratischen Gesamtauswirkungen der Gesetze noch im Blick?“
  • Pressemitteilung „Simon Licht wird Botschafter des Deutschen Brotes 2016“
  • Pressemitteilung „Bäckman startet Deutschlandtour 2016“
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Downloadlink Pressefotos: http://www.baeckerhandwerk.de/redirect/pressekonferenz-2016-04-fotos

Pressekontakt:

Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks e.V.
Michael Wippler, Präsident
Daniel Schneider, Hauptgeschäftsführer
Tel: (030) 20 64 55-0
E-Mail: presse@baeckerhandwerk.de
Internet: www.baeckerhandwerk.de