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Wenn es nicht anders geht: Betriebsbedingte Kündigung

Wenn Sie Mitarbeitern betriebsbedingt kündigen müssen, weil Sie nicht alle Arbeitsplätze halten können, sollten Sie den Schritt in jedem Fall sorgfältig vorbereiten und sich im Vorfeld hierzu beraten lassen.

Jede Kündigung muss gut vorbereitet sein. Denn in einem eventuellen späteren Kündigungsschutzprozess sind Sie als Arbeitgeber verpflichtet, vor Gericht die Gründe für die Kündigung darzulegen und zu beweisen. Machen Sie etwas falsch, droht Ihnen, dass Ihr Unternehmen vor dem Arbeitsgericht verliert, Sie den Arbeitnehmer weiterbeschäftigen und das seit Ablauf der Kündigungsfrist aufgelaufene Entgelt nachzahlen müssen.

Zur Vorbereitung einer betriebsbedingten Kündigung bietet sich an, die nachfolgenden Punkte vorab durchzugehen:

1. Gibt es kein milderes Mittel?

Sie sollten prüfen, ob ein milderes Mittel als die Kündigung in Betracht kommt – etwa das Nutzen von Kurzarbeit oder anderen Instrumenten der flexiblen Arbeitszeitgestaltung.

2. Besteht ein Sonderkündigungsschutz?

Wenn kein milderes Mittel in Betracht kommt, ist zu beachten, dass gegenüber einer Reihe von Personen (z.B. Schwangere, Schwerbehinderte) die Kündigung durch besondere Regelungen zusätzlich erschwert wird (sog. Sonderkündigungsschutz). Arbeitgeber tun daher gut daran, sich im Vorfeld einer Kündigung dazu ausführlich zu informieren.

3. Besteht allgemeiner Kündigungsschutz?

Der sogenannte allgemeine Kündigungsschutz schützt den Arbeitnehmer vor einer „sozial ungerechtfertigten“ ordentlichen Kündigung. Er gilt in allen Betrieben mit in der Regel mehr als 10 Beschäftigten für Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis ohne Unterbrechung länger als 6 Monate besteht (§ 1 Abs. 1 KSchG, sog. „Wartezeit“). Für die Erfüllung der Wartezeit ist der rechtliche Bestand des Arbeitsverhältnisses mit dem Arbeitgeber entscheidend, auf eine tatsächliche Beschäftigung kommt es nicht an. In sogenannten „Kleinbetrieben“ gilt dieser Schutz nicht, siehe die (leider nicht leicht verständliche) Regelung des § 23 Abs. 1 KSchG.

4. Wäre eine betriebsbedingte Kündigung „sozial gerechtfertigt“?

Eine ordentliche Kündigung muss „sozial gerechtfertigt“ sein (§ 1 Abs. 1 und 2 Satz 1 KSchG). Das ist der Fall, wenn sie durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers im Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Prüfung der Rechtmäßigkeit einer betriebsbedingten Kündigung hat in drei Schritten zu erfolgen:

Erste Stufe: Der Arbeitgeber hat die dringenden betriebliche Gründe konkret darzulegen. Diese können sowohl außerbetriebliche (z.B. Umsatzrückgang) als auch innerbetriebliche Ursachen (Rationalisierungsmaßnahmen, Betriebsstilllegung) haben.

Aufgrund dieser inner- bzw. außerbetrieblichen Ursachen muss der Arbeitgeber eine nachvollziehbare unternehmerische Entscheidung getroffen haben, die zum Wegfall eines oder mehrerer Arbeitsplätze im Betrieb führt. Die unternehmerische Entscheidung wird von den Arbeitsgerichten nicht auf ihre Zweckmäßigkeit hin überprüft; der Arbeitgeber muss jedoch den Nachweis führen können, dass und zu welchem Zeitpunkt er eine solche Entscheidung tatsächlich getroffen hat und wie diese lautete, z.B. durch Vorlage des entsprechenden Geschäftsführungsbeschlusses. In Folge der Umsetzung dieser Entscheidung muss der Arbeitsplatz eines oder mehrerer Arbeitnehmer wegfallen.

Da sich innerbetriebliche Ursachen in einem etwaigen nachfolgenden arbeitsgerichtlichen Verfahren leichter darlegen und beweisen lassen, sollte stets überlegt werden, ob solche bestehen.

Zweite Stufe: Eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit auf einem anderen freien Arbeitsplatz im Unternehmen (nicht nur im selben Betrieb) darf nicht vorhanden sein. Als „frei“ anzusehen sind solche Arbeitsplätze, die bei Ausspruch der Kündigung nicht besetzt sind oder bei denen absehbar ist, dass sie bis zum Ablauf der Kündigungsfrist frei werden. Als Weiterbeschäftigungsmöglichkeit in Betracht zu ziehen sind sämtliche Arbeitsplätze gleicher oder ggf. auch geringerer Wertigkeit (keine Beförderungsstellen), die der Arbeitnehmer aufgrund seiner Vorbildung und Fähigkeiten, ggf. auch nach zumutbarer Umschulung oder Fortbildung, ausfüllen kann.

Dritte Stufe: Eine soziale Auswahl nach § 1 Abs. 3 KSchG ist bezogen auf den Betrieb nur nach den vier Kriterien Dauer der Betriebszugehörigkeit, Lebensalter, Unterhaltspflichten und Schwerbehinderung unter den vergleichbaren Arbeitnehmern durchzuführen.

Vergleichbar sind nur Arbeitnehmer, die nach arbeitsplatzbezogenen Merkmalen im Rahmen des arbeitgeberseitigen Direktionsrechts wechselseitig austauschbar sind. Nicht vergleichbar sind Arbeitnehmer, die aufgrund Sonderkündigungsschutzes nur außerordentlich gekündigt werden können (z.B. Betriebsratsmitglieder, Datenschutzbeauftragte). Bei Arbeitnehmern, die nur mit behördlicher Zustimmung ordentlich kündbar sind (z.B. Schwerbehinderte, werdende Mütter, Mitarbeiter in Elternzeit) gilt Folgendes: Liegt die Zustimmung vor, sind sie in die Sozialauswahl einzubeziehen, liegt sie nicht vor, müssen sie unberücksichtigt bleiben. Es liegt im Ermessen des Arbeitgebers, ob er einen Zustimmungsantrag stellt.

Die Rechtsprechung gesteht dem Arbeitgeber dabei einen weitgehenden Ermessensspielraum zu, welches der vier o.g. gesetzlichen Kriterien er wie stark bewerten möchten – solange die Sozialdaten jeweils „angemessen“ berücksichtigt werden und der gewählten Maßstab nicht dazu führt, dass einem Kriterium keine bzw. kaum noch Berücksichtigung zukommt. Trotz dieses anerkannten weitgehenden Ermessensspielraums sollte sich der Arbeitgeber zur Risikominimierung an bislang von der Rechtsprechung für zulässig erachtete Punkteschemata orientieren. Hierzu sollte sich der Arbeitgeber beraten lassen.

Für den Arbeitgeber besteht die Möglichkeit, sog. Leistungsträger aus der Sozialauswahl herauszunehmen. Dies muss aber gut und rechtlich nicht angreifbar begründet werden können. Auch hierzu sollte sich der Arbeitgeber ggf. vorab beraten lassen.

5. In Betrieben mit Betriebsrat: Wurde der Betriebsrat angehört?

Der Arbeitgeber hat dem Betriebsrat spätestens 8 Tage vor Kündigungsausspruch die Gründe für die Kündigung mitzuteilen, wozu gehören: Die Personalien der betroffenen Arbeitnehmer, die unternehmerische Entscheidung, die fehlende Weiterbeschäftigungsmöglichkeit und alle relevanten Daten bezüglich der Sozialauswahl. Auch wenn keine Form hierfür vorgeschrieben ist, empfiehlt es sich dringend, dies schriftlich zu tun. Hat der Arbeitgeber sogenannte Leistungsträger aus der sozialen Auswahl herausgenommen, so hat er seine insoweit maßgeblichen Erwägungen gegenüber dem Betriebsrat offenzulegen.

6. Bei Ausspruch mehrerer Kündigungen: Vorherige Anzeige an die Agentur für Arbeit?

Will der Arbeitgeber einer großen Zahl von Arbeitnehmer kündigen, ist besondere Vorsicht und Sorgfalt geboten. Er muss dann vorab unter Einhaltung einer Frist von 30 Kalendertagen eine sogenannte Massenentlassungsanzeige gegenüber der Agentur für Arbeit abgeben. Die Einzelheiten sind in § 17 KSchG geregelt. Auch hierzu sollte sich der Arbeitgeber vorab beraten lassen.

7. Kündigungsschreiben, Vertretung und Zustellung ordnungsgemäß?

Jedes Kündigungsschreiben sollte sorgfältig formuliert, mit der richtigen Kündigungsfrist versehen, von der oder den kündigungsberechtigten Person/en unterzeichnet werden und (falls erforderlich unter Beilegung einer Kündigungsvollmacht) unter Zeugen persönlich übergeben oder durch Boten, dem das Schreiben vorher zu lesen gegeben wurde,  zugestellt werden. Dabei sollte darauf geachtet werden, den rechtzeitigen Zugang zu dokumentieren, um diesen falls notwendig nachweisen zu können.

 

Stand: 11.12.2020